Private Domain # Studio

performative drawing | drawing performance

4. März – 9. April 2006
Der Mahler zeichnet Sonntags von 14–17 Uhr

Eröffnung der Ausstellung mit der interaktiven Zeichenperformance confessional am Freitag, den 3. März 2006, 19–23 Uhr.

Begrüßung Karin Pott, Künstlerische Leiterin
Einführung Dr. Britta Kaiser-Schuster, Kulturstiftung der Länder

private domain confessional

Zu der Ausstellung erscheint ein Buch im Salon Verlag.

Haus am Lützowplatz
Fördererkreis Kulturzentrum Berlin e.V.

10785 Berlin
Tel. 030. 261 38 05
Fax 030. 264 47 13

Di. – So. 11 – 18 Uhr

office@hausamluetzowplatz-berlin.de
www.hausamluetzowplatz-berlin.de

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Draussen

Michael Wolfson

Seit der Antike gibt es zahlreiche literarische Topoi, die Leben, Werk und Betragen von Künstlern zu verstehen und erklären suchen. Exzentrisch oder gar verrückt, auf jeden Fall launisch, gern melancholisch, oft Pleite und gelegentlich – aber nicht zwingend – Zölibat. Und es gibt auch die kreative, der Welt abhanden gekommene Künstlerpersönlichkeit, die in der meditativen Einsamkeit schafft.

Menschenfern ist Hannes Malte Mahler auf keinem Fall, denn für ihn ist der künstlerische Schaffensprozess nicht eine Tätigkeit, die exklusiv im stillen Kämmerlein stattzufinden habe. Als einen Aspekt seines breit gefächerten Kunstinteresses und Kunstwollens sucht er in zahlreichen Arbeiten, Performances und Installationen die Entstehung von Kunstwerken in der Begegnung und Konfrontation mit dem Publikum.

Zu diesem Zweck schlüpft er etwa in die Rolle des sogar zu Hausbesuchen bestellbaren kunstschaffenden Dienstleisters, der mit den Utensilien seines Geschäfts im Köfferchen unterwegs ist (siehe the flying studio, S. 34). Oder er setzt sich in einen 'brown cube', eine hölzerne Kiste, die die Eigenschaften von Fotofix-Automat und Beichtstuhl eint (siehe Private Domain # Confessional, S. 8) und wo Künstler und Auftraggeber sich in geborgener Verborgenheit begegnen.

In all diesen mobilen Möglichkeiten, Kunst 'on demand' zu machen geht es nicht etwa um die gefällige Zufriedenstellung eines Kunden als vordergründige Kritik an einer Kommerzialisierung des Kunstbetriebs. Vielmehr handelt es sich um eine beidseitige Herausforderung und Bereicherung von Künstler und Publikum, das nun – wie im historischen Verhältnis zwischen Künstler und Auftraggeber – eine zentrale Rolle im Schaffensprozess einnimmt. Die Wünsche und Bedürfnisse der einen Partei können erörtert, diskutiert und womöglich auch verhandelt werden.

Die Erfahrung, Spontaneität und künstlerische Handschrift der anderen Partei wird in diesen Arbeiten eingesetzt, um diese im Sinne der eigenen künstlerischen Vorstellung zu realisieren.

Entmystifiziert aber nicht entzaubert wird dabei der künstlerische Entstehungsprozess. Manchmal werden die zwischen beiden Seiten verabredeten Zeichnungen direkt vor den Augen des Kunden ausgeführt oder, wie im Private Domain # Confessional, in einer räumlichen Situation, bei der Künstler und Auftraggeber zwar für einander unsichtbar bleiben, aber wo beide gemeinsam von den Blicken der Außenwelt abgesperrt sind.

Kunst im Hinterhofstudio zu machen gehört zum Kunst- und Künstleralltag dazu. Aber es schadet auch nicht, wenn dieser Prozess auch Mal ans Tageslicht als Teil des vertrauten Stadtbilds kommt, ohne aber tagein und tagaus als barettragender Open-Air Maler die Kirche von Montmartre zu malen. Solche Klischees will Mahler nicht bedienen. Dazu ist er zu modern und auch zu vernetzt. Also verlegt er sein Studio auf Zeit in ein durch große Glasfenster voll einsehbares Ladengeschäft mitten in einer europäischen Großstadt (siehe Private Domain # drawing, S. 35), wo er acht Stunden am Tag vor den Augen der vorbei ziehenden Passanten vor sich hin arbeitet.

In solchen performanceartigen Konfrontationen mit dem Publikum geht es um die Entstehung von Kunst und ihren Bedingungen, ihre Vor- und Nachgeschichte. Hier übt der gut angezogene Künstler seinen Beruf als professionelles und integriertes Mitglied der Gesellschaft ohne sich feilzubieten oder anzubiedern aus. Hier ist kein Platz für die sprichwörtliche Künstlereinsamkeit. Aber bei aller Öffentlichkeit und Sichtbarkeit unterstreicht Mahler dennoch den geheimnisvollen, unerklärbaren und wundervollen kreativen Moment.

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